DIE ZUCHT – DIE ART

1985 hervorgegangen aus „Die Zucht“, sind „Die Art” heute immer noch eine der deutschlandweit bekanntesten Bands der Leipziger Musikszene. Ihr eigenwilliger Post-Punk und Independent-Sound ließ sie in der DDR schnell zu einem Aushängeschild der so genannten „anderen Bands” werden. Angelehnt an die großen Vorbilder von „Joy Division“ bis „The Fall“, prägten sie mit ihren düsteren Songs und ihrem Mix aus deutschen und englischsprachigen Texten die ostdeutsche Szene über Jahre hinweg. 

DIE ZUCHT

Begonnen hatte alles 1982. Inspiriert von den aus dem Westen Deutschlands importierten Schallplatten, wie „The Stranglers“, „Exploited“ aber auch Ozzy Osbourne, beschlossen die Leipziger André Friedrich, Thomas Stephan und Jan Hohmann, ihre eigene Band zu gründen. Aus Langeweile, wie man munkelt, um endlich dem erstickenden Grauschleier der staatlich verordneten Einheitskultur etwas Lebendiges, Kompromissloses entgegenzusetzen. 

Zwar besaß lediglich Friedrich ein Instrument, oder besser gesagt, eine alte Wandergitarre, der er nur mit großer Mühe vernünftige Töne entlocken konnte, und Jan Hohmann baute seinen Bass selbst. Doch die Virtuosität im Umgang mit den Instrumenten sollte nicht im Mittelpunkt der Bandgründung stehen. Viel wichtiger war es, mit einer für Teenager typisch offen und provokativ zur Schau gestellten Attitüde gegen den Strom eines fast schon lähmenden DDR-Alltags zu schwimmen. 

Noch ambitionierter verlief die Namensgebung. Die drei benannten sich nach der sowjetischen Nachrichtenagentur „TASS“. Vom Westen als Legende mystifiziert, diktierte sie allgegenwärtig allen DDR-Bürgern, einschließlich den obersten Genossen des ZK, wie die „richtige Wahrheit“ auszusehen hatte. 

Komplettiert wurde die Band wenig später von Stefan Müller, der sein Gesangsdebüt bei den ersten Proberaumversuchen gab. In einem Seitengelass von Jan Hohmann ́s Wohnung gleich neben der Lindenauer „Musikalischen Komödie“ wurde der Bandlärm aber nur kurzzeitig geduldet. Vielleicht lag das ja am schrägen Sound des selbstgebauten Basses oder des wild zusammengestellten Schlagzeuges; so wurde kurz darauf der erste eigene, richtige Proberaum in der Sternwartenstraße bezogen. Da probte, nur einen Steinwurf entfernt die damals schon legendäre Punkband „Wutanfall“. Auf dem Dachboden in der „Stewa“ 55 wurde aber nicht nur Musik gemacht, sondern traf sich auch die Punkund Subkulturszene. Hier wurden erste vorsichtige Kontakte geknüpft. Als „Türöffner“ half dabei die Bekanntschaft zwischen Wutanfall-Sänger Chaos, Friedrich und Tom; die drei kannten sich aus ihrer gemeinsamen Berufsschulzeit.

Wutanfall-Bassist Zappa und Tilo Hartig, beide wohnten in der „Stewa“ 55, waren neugierig geworden und tauchten schon bald im „TASS“- Proberaum auf. Im Schlepptau der Freund ei- nes Freundes, Holger „Makarios“ Möbius. Seine Vorlieben für „Bauhaus“ und „Joy Division“ waren unüberhörbar, aber auch Tilo Hartig stand auf diesen Sound. Nach einem kurzen Intermezzo eines weiteren Sängers, stießen Tilo am Bass und „Makarios“ als neuer Sänger zur Band. Bassist Jan Hohmann hatte unterdessen einen abenteuerlichen Fluchtversuch in den Westen unternommen. 

Neue Besetzung neuer Sound und auch ein neuer Bandname folgten. Das „TASS“-Modell wurde vom Zeitgeschehen überholt und der neue Song „Zucht und Ordnung“ gab die Vorlage: „Die Zucht“ traten zum ersten Mal im März 1984 auf. Anlässlich einer Ausstellungseröffnung Leipziger Künstler performten sie neben Musikern aus Ost-Berlin in einem Leipziger Abrisshaus. 

Vom Abriss bedroht war auch der alte Proberaum. Den Umzug in einen neuen organisierte der frisch akquirierte Keyboarder Harald Martin. Über der elterlichen Wohnung auf dem Dachboden der Philipp-Rosenthal-Straße gelegen, war aber auch dieses Refugium nur kurze Zeit verfügbar. Denn im Sommer 1984 durfte Harald in die BRD ausreisen und Tilo bekam grünes Licht für die Heirat seiner englischen Freundin. Damit war auch dessen Ausreise Richtung Großbritannien nur noch eine Frage der Zeit. Ab diesem Moment wurde Christoph Heinemann von „DeltaZ“ als neuer Bassist eingearbeitet. 

Im Sommer 1984 folgten einige Auftritte, bei denen Tilo und Christoph abwechselnd Bass spielten sowie Friedrich und Tilo zwischen Gitarren und Keyboard changierten. Aus dieser Zeit ist erst kürzlich ein Live-Mitschnitt eines Open-Air-Konzerts wiederentdeckt worden, der sich auf dem Album „Heldenstadt anders“ befindet. 

Nach Harald Martins Ausreise musste wieder ein neuer Proberaum her. Mit dem Rücken zur Wand löste der gelernte Drucker „Makarios“ das Problem. Als Gegenleistung für einen Proberaum in seiner ehemaligen Berufsschule akzeptierte die Band zwei neue Mitglieder: einen Saxophonisten und einen Techniker. Wenige Monate später wurde ein neuer, eigener Proberaum gefunden und das Saxophon-Kapitel geschlossen. 

Makarios (voc)

In diesem relativ kurzen Zeitabschnitt entstanden auf den Fluren und dem Dachboden der Berufsschule einige wichtige Session-Recordings. 

Bereits Frühjahr 1984 nahm im Band-Line-Up Friedrich, Tom, Tilo, Makarios und Harald die Idee einer Einstufung ganz konkrete Formen an. Man hatte genug von geheimen Auftritten in dunklen Kellern, die jederzeit abgesagt werden konnten. Man wollte endlich raus ins Rampenlicht der großen Bühnen. Und auf die zu erwartenden Repressionen des DDR-Regimes als Undergroundband, wie sie „Wutanfall“ exemplarisch erleiden mussten, hatte niemand Lust. 

Im Mai 1985 stand „Die Zucht“ vor der staatlichen Einstufungskommission. Die verweigerte zuerst den Bandnamen als „unsozialistisch“, bot dann aber fast gleichzeitig einen Handel an. Die „Mittelstufe“Spielerlaubnis sei überhaupt kein Problem, nur umbenennen müsse sich die Band, so ein Mitglied der Einstufungskommission. 

Schlagzeuger Tom schoss an einem Sommertag spontan „Die Art“ als neuer Bandname durch den Kopf. Gedacht, gesagt, getan. Das Leipziger Stadtkabinett für Kulturarbeit lag auf seinem Weg und wortlos legte er zur nächsten Probe die frisch gestempelten „Pappen“, wie die offiziellen Spielerlaubnisdokumente auch genannt wurden, auf den Tisch. 

Das ist der Beginn von „Die Art“ mit dem Line-Up: André Friedrich (Git.), Thomas Stephan (Drums), Holger „Makarios“ Möbius (Voc.), Christoph Heinemann (Bass). 

DIE ART

Als André Friedrich November 1985 von der Nationalen Volksarmee (NVA) in eine Baukompanie eingezogen wurde, brachte ihm „Die Art”Pappe zwar einige Erleichterungen während seiner 18-monatigen Kasernierung, die Band aber brauchte dringend einen neuen Gitarristen. Friedrichs Nachfolge trat Thomas Gumprecht an, der ab September 1985 eingearbeitet wurde. 

Nach seiner Armeezeit kehrte André Friedrich im Frühjahr 1987 für einige Proben und ein letztes Konzert im Eiskeller zurück. Sein Engagement bei „Die Art” endete im gleichen Jahr endgültig mit Gründung seiner eigenen Band „Mad Affaire“. 

Ein neues Berliner Band-Management sorgte ab 1987 für einen Karrieresprung. Adam Adamski, Manager der Ost-Berliner Band „Die Anderen“, nahm „Die Art“ unter seine Fittiche. Als dieser in den Westen übersiedelte, wurde Lars Wünsche der neue Mann in Berlin. 

Die enge Anbindung an die Hauptstadt sorgte auch für die Aufmerksamkeit von Lutz Schramm. Der Macher der DT64-Sendung „Pa-Rock-Ti-Kum“ spielte „Die Art“ zum ersten Mal im Juni 1986 im landesweit ausgestrahlten Rundfunk. Was folgte, war ein enormer Popularitätsschub. Vom bis dato einzigen selbstproduzierten Tape „Would you mind us looking for“ suchte sich Lutz Schramm den Titel „Chrome“ aus. 

Der von André Friedrich geschriebene Songtext erfuhr zusätzliche Bekanntheit durch den eigens dafür entworfenen Die-Art-Chrome-Text-Aufkleber, der zumindest inoffiziell zum „meist geklauten Sticker“ avancierte. 

Regulären Jobs ging in dieser Zeit niemand mehr nach. Alle fokussierten sich auf die Band. Der problemlos im „Eiskeller“ erspielten „Oberstufe“ folgte 1989 die höchstmögliche „Amateurtanzmusiker“Einstufung in der „Sonderstufe mit Konzertberechtigung“. 

Juni 1989 fand das wohl umstrittenste und bis dato gleichzeitig größte Konzert statt. Beim Berliner „Pfingsttreffen der FDJ“stand „Die Art“ gleich um die Ecke des DDR-Staatsratsgebäudes vor ca. 10.000 Open-Air Besuchern. Dem voraus gingen zahlreiche Band-interne Diskussionen über das „Für“ und „Wider“ dieses Auftritts. Am Ende spielte die Band das Konzert in der vollen Überzeugung: Wer irgendeine Veränderung herbeiführen wolle, müsse auch in die „Höhle des Löwen“ gehen und das auch den zu erwartenden Vorwürfen zum Trotz, eine „FDJ-Band“ zu sein. Diese Diskussionen ließen nicht lange auf sich warten. Allerdings brachte die Festivalteilnahme der Band keine Vorteile – im Gegenteil: Das Angebot einer LP-Produktion beim einzigen DDR-Label „Amiga“ lehnten „Die Art“ von sich aus ab, denn das Staatslabel forderte, entweder auf den aktuellen Hit „Wide Wide World“ komplett zu verzichten oder ihn umzutexten.

So blieb es bei der einzigen Amiga-Veröffentlichung auf dem 1989er AmigaSampler „Parocktikum die anderen Bands“ mit einem DT 64-Live-Mitschnitt von „Sie sagte“. 

Das Jahr 1989 taumelte dem Ende entgegen, wie auch die DDR: Schlagzeuger Thomas Stephan flüchtete über die seit Anfang September offene ungarische Grenze nach West-Berlin und entkam so der drohenden Armeeeinberufung. Für „Die Art“ aber wurde die nervenaufreibende Suche nach einem gleichwertigen Drummer zur puren Existenzfrage, denn ein Ende der Zwangspause war nicht in Sicht. Doch der plötzliche und vollkommen überraschende Mauerfall am 9. November eröffnete neue Perspektiven für die Band. 

Dirk Scholz von „Wartburgs für Walter“ trommelte erst seit Kurzem bei „Die Anderen“. Die aber beschlossen noch in der Nacht des Mauerfalls sich aufzulösen. So spielte sich Scholle in kürzester Zeit bei „Die Art“ ein, „Amiga“ hieß jetzt „Zong“, „VEB Deutsche Schallplatten“ ersetzte das „VEB“ durch „GmbH“ und „Wide Wide World“ kam mit auf ́s erste Album. 

Was folgte, waren Ü-Wagen-Konzert-Mitschnitte und Studiosessions im OstBerliner Krex-Studio, die der Sender DT-64 genehmigte und auch bezahlte. So mauserte sich „Die Art“ Schritt für Schritt zum festen Bestandteil des landesweit ausgestrahlten DT-64-Rundfunkprogramms. Das alles wäre aber ohne das persönliche Engagement von Radiomachern wie Lutz Schramm niemals möglich gewesen.

1987 verstärkte kurzzeitig Andy Seyffert die Band an den Keyboards, nachzuhören auf dem ersten Tape „Would you mind us looking for“. Nach seiner Ausreise kristallisierte sich ab Herbst 1987 das Kern-Line-Up der kommenden Jahre heraus: Thomas Stephan (Drums), Holger „Makarios“ Oley (Voc.), Christoph Heinemann (Bass), Thomas Gumprecht (Git). 

1988 gründete sich das eigene Kassetten-Label „Hartmut Productions“. Die Idee stammte von Thomas Stephan und Christoph Heinemann, die grafische Gestaltung der Cover lag zu DDR-Zeiten in den Händen des Schlagzeugers. 

Das zweite von insgesamt vier Tapes, die bis zum Mauerfall illegal veröffentlicht wurden, entstand, wie auch das erste, in mühevoller Handarbeit. Angefangen mit der kleinteiligen, photographischen Cover-Vervielfältigung auf Grund der nicht existenten Kopierer im „real existierenden Sozialismus“, bis hin zur Kassetten-Einzelüberspielung mit dem Doppel-Tapedeck der Eltern. 

Auch die elterliche Garage des Bassisten in der Philipp-Rosenthal-Straße musste mittlerweile als Proberaum herhalten. Hier entstanden spätere Hits wie „Das Schiff“, „Eternal Fall“ oder „Wide Wide World“. 

Im Frühjahr 1990 begann der Sound-Check im Berliner „Amiga“Studio im Hinterhaus der Brunnenstraße 154, einem ehemaligen Kinosaal, die Record Release Party Herbst ́90 im „Haus der jungen Talente“ wurde zum euphorischen Rausch, die anschließende Tour ein großer Erfolg. 

Berlin war jetzt DER Dreh- und Angelpunkt der Band. Hier lebte Christoph Heinemann seit Frühjahr 1989, der neue Proberaum befand sich im ehemaligen Stasi-Wachregiment „Felix Dzierzynski“, 1991 kehrte Thomas Stephan zur Band zurück und „Die Art“ produzierten zwei weitere Alben für die „Deutsche Schallplatten Berlin GmbH“. Die war 1993 pleite und wurde kurzerhand von der Treuhandanstalt liquidiert. 1994 begann die Zusammenarbeit mit „Our Choice“/„Rough Trade“ über insgesamt weitere fünf Alben. 

1999 trennte sich die Band von Gründungsmitglied Christoph Heinemann, Bassist und wichtigem Songschreiber. Dieser Verlust konnte nicht mehr ausgeglichen werden und „Die Art“ lösten sich 2001 nach ihrer Abschiedstournee auf. 

Der Rest der Band versuchte unter dem Namen „Wissmut“ einen musikalischen Ausweg zu finden. Der erwies sich jedoch als Irrweg. Geprägt von vielen internen Querelen und wechselnden Schlagzeugern trat „Die Art“ 2007 wieder unter alten Bandnamen auf, nachdem Thomas Stephan für dessen Verwendung sein Okay gab. Conrad Hoffmann (Bass), Thomas Gumprecht (git) und Holger „Makarios“ Oley (voc) stellen seitdem das neue Kern-Line-Up der Band. 

DIE ZUCHT

André Friedrich g
Thomas Stephan dr
Holger „Makarios“ Möbius voc
Tilo Hartig – bg (bis Herbst 1984) Christoph Heinemann bg (ab Herbst 1984) Harald Martin – Orgel (1984) 

DIE ART

Holger „Makarios“ Oley voc, lyrics
André Friedrich g (bis 10/1985) / Thomas Gumprecht g, comp (ab 10/1985)
Thomas Stephan dr (1985 1989, 1991 bis 2002) Christoph Heinemann bg, comp (bis 1999) Konrad Katschinga sax (1985)
Andy Seyffert keyb (ca. 1986/87)
Dirk Scholz dr (1989 1991)
Stephan Rebbelmund g (1991-1992)
Susanne Thiele cello (Gast 1998)
Christian Schierwagen bg (2000)
Conrad Hoffmann bg, comp (2001 und ab 2007) Mark Helmstädter dr (2001)
Shiva Rudra (= Sven Löbert) dr, comp (2007 2017) Jens „Jeans“ Halbauer dr (2017) 

1993: Das letzte Konzert (lim. Tape, Hartmut Productions)
2005: Das letzte Konzert (LP Bootleg, Crutch Records / Major Label Vertrieb) 

1987: Would you mind us looking for? (Tape, Eigenproduktion, später Hartmut Productions)
1988: Just another Hit (Tape, Hartmut Productions)
1989: Dry (Tape, Hartmut Productions) 

1989: Just another Hit again (Tape, Hartmut Productions) 

1990: Live in Lugau 1989 (Tape-Bootleg, Heimat Kassetten) 

1990: Fear (LP/CD)
1990: Live im HdjT Labelparty Z (Tape, Hartmut Productions / Graffity Records) 1991: Gold (LP/CD, Zong)
1991: The wellknown & unknown Songs (Tape Compilation, Hartmut Productions) 1993: Gift (CD, DSB)
1993: Live Radio War (Tape-Bootleg, Endlos Records)
1993: Schall & Rauch Live in Leipzig 1993 (Tape-Bootleg, Heimat Kassetten) 1994: But (CD, Our Choice/Rough Trade)
1995: Das Schiff (CD, Our Choice/Rough Trade)
1996: Still (CD, Our Choice/Rough Trade)
1997: Adnama (CD, Our Choice/Rough Trade)
1998: Mellow Versions (CD, Our Choice/Rough Trade) 

1999: Dry (Wieder-VÖ auf CD, Our Choice/Rough Trade)
2000: Last (CD, UpArtProd.) 

2002: Last Live Sequences (CD, Löwenzahn)
2004: als Wissmut: Sonne & Mond (LP, Major Label)
2005: als Wissmut: Bi (CD, Upart/Brachialpop)
2006: als Wissmut: Bi4 (LP, Major Label)
2006: als Wissmut: Gigant Vinyl (CD; Upart/Brachialpop) 2007: Alles Was Dein Herz Begehrt (CD, Upart/Brachialpop) 2008: Funeral Entertainment
2009: Für Immer Und Ewig (Best Of)
2010: Twenty Fear (Best Of)
2012: Arcane (CD, DVD, Upart/Brachialpop)
2013: Forgotten Treasuries (CD, Upart/Brachialpop)
2014: Suxxess (CD, LP, Upart/Brachialpop, Major Label) 2017: XXX Live (CD, LP, Upart/Brachialpop, Major Label) 

Text: Andre Friedrich & Christoph Heinemann, 2018 

Thilo Hartig 1984 (bg, g) auf einem Konzert mit DIE ZUCHT in der Michaeliskirche Leipzig

O-Ton Tilo Hartig (Bassist von DIE ZUCHT bis 1984) über die Einstufung:

Ich kam etwas später, da ich meine Jahresendprämie von der HO abholen musste, und alle außer Harald Martin waren schon da. Ich glaube, Friedrich hat es nicht geschafft. Dieser geschniegelte, Anfang 30er Yuppie war übermäßig freundlich und fragte uns jeden einzeln aus. Welche Instrumente wir spielen und was wir zum Konzept der Band beitragen. 

Als er zum Schluss bei Makarios (mit Gummiarm) ankam, sagte dieser: „Ich singe und schreibe so gut wie alle Texte.“ 

Yuppie: „Hast du vielleicht mal daran gedacht ein Instrument dazu zu spielen?“ 

Thomas und ich verzogen das Gesicht zu einem verkrampften Lächeln, um das Lachen zu unterdrücken. 

Makarios: „Ja, Mundharmonika und Tambourin passen aber nicht so ganz zu unserer Musik.“ 

Yuppie gräbt weiter: „Vielleicht eine zweite Gitarre?“ 

Makarios: „Ja das wäre wirklich keine schlechte Idee aber …“ (Hebt dazu den bisher nicht erkannten Gummiarm. Yuppie wird ganz rot im Gesicht und entschuldigt sich.) 

Endlich kommt Harald Martin dazu. Ein weiteres kurzes und verkrampftes Lächeln. Yuppie verspricht schnell, einen Brief zu schreiben, der uns für unser Bemühen, eine Einstufung zu erreichen, den Proberaum für 6 weitere Monate garantiert. 

Wir verlassen dieses Büro in der Börse und lachen alle laut im Treppenhaus. Makarios sagt dann: „Jetzt haben wir endlich einen Namen für die Gruppe: Der Einarmige Bandit.“ Ich fragte die anderen, ob sie es nicht komisch fanden, dass uns der Yuppi plötzlich so schnell loswerden wollte. 

Worauf Harald Martin sagt: „Ich nicht. Dieser Typ hat eine Affäre mit meiner Schwägerin. Er weiß, dass ich es weiß, denn ich begegne ihm ab und zu im Treppenhaus.“ 

Makarios (voc), André Hodscha Friedrich (g, voc), Thilo Hartig 1984 (bg, g) auf einem Konzert mit DIE ZUCHT in der Michaeliskirche Leipzig

DIE HARTMUTS

Die „Hartmuts“ existierten eigentlich nur für ein einziges, dafür aber legendäres Konzert, welches im Frühjahr 1989 im Regina Palast, einem Kino im Stadtteil Reudnitz, stattfand. Der Name der Band geht auf die Verballhornung der Aussprache des sächsischen Prolls zurück. 

Bereits ein Jahr zuvor hatten „Die Art“-Musiker Thomas Stephan und Christoph Heinemann unter diesem Namen ihr bandeigenes Label gegründet. 

„Hartmut“ war als eine Art „All Star“-Gruppe der Leipziger Musikszene gedacht. Neben Andrè Friedrich von „Mad Affaire“,
Thomas Stefan und Christoph Heinemann von „Die Art“ gesellte sich noch Andreas Falkenstein von  „Kulturwille“ zur munteren Runde. Ein Glas voller 45%igem Alkohol, welches Sänger Friedrich fünf Minuten vor dem Auftritt gereicht wurde, setzte die Katastrophe in Gang. Nach dem Auftritt waren wohl alle Beteiligten froh, dass es vorbei war und sie beschlossen, kein weiteres Mal als „The Hartmuts“ aufzutreten. 

1993: Live Regina-Palast 1989 (Hartmut Productions) 

André Friedrich voc, g,  Andreas Falkenstein g Christoph Heinemann bg Thomas Stephan dr 

Im September 2019 fand sich Die Zucht für ein Konzert im UT-Connewitz zusammen mit vielen anderen Leipziger Bands beim Festival “Heldenstadt anders” erstmals wieder zusammen. Ende November 2020 erschien das Album “Heimatlied” mit 11 Neu-Einspielungen alter Zucht-Songs.

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